Preis des Sparens

Eine Freundin schrieb gestern vom Flughafen:

«…Wir sind bei einer der vielen Schlangen, die ins nichts geführt haben, vierzig(!) Minuten angestanden, ohne, dass sich die Schlange auch nur einen Millimeter bewegt hätte. Ein paar sind zwar maulig geworden, aber keiner ist ausgezuckt…Und dann kommt so eine Barbiepuppe (sorry, aber sie hat äußerlich einer Barbiepuppe wirklich sehr ähnlich geschaut) und versucht bei den aberhundert Passagieren – als einzige Abgesandte der Fluglinie – ein bisschen Ordnung zu machen. Alle sind ein wenig zur Seite gewichen, aber nicht sehr bereitwillig, worauf sie zum Brüllen angefangen hat, ob wir wollen, dass sie kollabiert, oder was!?…

Mein Begleiter fragt sie nach ihrem Namen, sie brüllt: «Was? Sie wollen meinen Namen?» Und dann kollabiert sie wirklich! Hyperventiliert, keucht, fällt… Eine Frau brüllt in unsere Richtung “This woman has a heart attack, and YOU ask for her name!“ Ich glaube, sie war nahe daran, an meinem Begleiter Lynchjustiz zu verüben. Es war ein Alptraum.

Ich war dann nur deprimiert. Die junge Frau war von Anfang an hoffnungslos überfordert. Aussichtsloses Unterfangen außerdem, wenn es zu wenig Leute gibt, die abfertigen. Und offenbar niemanden, der schon mal was davon gehört hat, wie man so was organisiert. Es war dramatisch und irgendwie so gewalttätig das Ganze. Eine archaische Ellbogen Stimmung…»

Wie dünn die Schicht Zivilisation ist, die uns vom Faustrecht trennt! Ob die Fluglinie sich der Risiken bewusst ist? Und die anderen ungezählten «lean» Organisationen? Oder austeritätsfixierte Regierungen?

Irgendwann kommt offenbar der Punkt, an dem Sparen pervertiert. Und die Menschen aufeinander losgehen. Zuerst vielleicht noch mit Worten.

Ein hoher Preis für, sagen wir mal, einen 10-Euro Flug Frankfurt-New York.

 

P.S. Vielen Dank, A.!

2 Kommentare zu „Preis des Sparens“

  1. Silvia Erb

    Hoppala.
    Und egal, ob man das noch nicht geschriebene Buch über dieses Ereigniss als Drama, Krimi, Sachbuch oder Thriller bezeichnet….
    Der Titel ist eh schon klar.
    Geiz ist geil!

    Als Kontrastprogramm:
    Es lebe die im Alltag gelebte Grosszügigkeit!

  2. Ruedi Stricker

    Keynes hat uns vor achtzig Jahren prophezeit, wir würden dank der Produktivitätsfortschritte mit 3 Stunden täglicher Arbeit ein sehr komfortables Leben haben. Er würde sich im Grab umdrehen.

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